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Was ist Gewalt

Gewalt hat viele Gesichter

Gewalt zwischen Erwachsenen in engen sozialen Beziehungen wird als häusliche Gewalt bezeichnet. Sie umfasst körperliche, seelische und sexuelle Misshandlungen. Die Tatorte beschränken sich nicht auf die eigene Wohnung oder das Haus, es können auch der Arbeitsplatz oder andere Orte sein.

Häusliche Gewalt trifft vor allem Frauen, sie sind zu über 90 % die Opfer der Misshandlungen. Häusliche Gewalt wird meist durch Männer ausgeübt. Es sind Ehemänner, Väter, Ex-Partner, Lebenspartner, erwachsene Söhne und Enkel. Täter und Opfer kommen aus allen sozialen Schichten, unabhängig vom Alter, Bildungsstand, Kultur und Herkunft.

Häusliche Gewalt ist kein einmaliges Ereignis, sondern tritt in einer Beziehung immer wieder auf und kann sich im Laufe der Zeit auch verschärfen. Meistens wendet der Täter verschiedene Formen der Gewalt an. Das gewalttätige Verhalten zielt auf die Ausübung und den Erhalt von Macht und Kontrolle.

Die Übergriffe reichen von Wegschubsen und Ohrfeigen über Schlagen und Treten bis hin zu schweren Misshandlungen mit Gegenständen, sexueller Nötigung, Vergewaltigung, Angriffen mit Waffen und Mord. Hinzu kommt psychische Gewalt wie Beschimpfungen, Demütigungen, Bedrohungen und Isolierung.

Frauen sind laut polizeilicher Kriminalstatistik von Gewalt durch ihren Beziehungspartner weitaus mehr bedroht als durch andere Gewaltdelikte wie Körperverletzung durch Fremde, Wohnungseinbruch oder Raub.

Statistisch gesehen ist für Frauen somit der eigenen Partner eindeutig der gefährlichste Mensch und die eigene Wohnung der gefährlichste Ort.
(LAG Autonomer Frauenhäuser NRW, 2014)

Das Ausmaß von Gewalt

Gewalt gegen Frauen ist weltweit die häufigste Menschenrechtsverletzung. Für viele Frauen und Kinder gehört sie zu ihrem Alltag.

In Deutschland hat jede Frau im Alter von 16 bis 85 Jahren in ihrem Leben mindestens einmal Gewalt durch einen Beziehungspartner erlebt. Frauen und Mädchen mit Behinderungen sind nach einer aktuellen Studie von 2012 besonders gefährdet.
Mädchen und Jungen sind von der Gewalt in der Familie immer mit betroffen.

Die erste und größte EU-Studie, für die 42.000 Frauen in allen 28 Mitgliedstaaten befragt wurden, kommt 2014 zu folgenden Ergebnissen:
  • Jede dritte Frau hat seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und /oder sexuelle Gewalt erfahren. Dies entspricht etwa 62 Millionen Frauen.
  • Zwei Drittel der weiblichen Opfer körperlicher und / oder sexueller Gewalt gingen nach ihrer schwerwiegendsten Gewalterfahrung nicht zur Polizei und suchten auch keine andere Einrichtung auf.
Das zeigt: Kriminalstatistiken spiegeln den wahren Umfang des Problems häufig nicht wider. Häusliche Gewalt ist eine gesellschaftliche Realität, die uns alle angeht. Andauernde Gewalthandlungen oder Gewaltandrohungen bringen Furcht und Unsicherheit und bewirken seelische und körperliche Schäden bei Frauen und deren Kindern. Wenn Kinder Gewalt in der Familie miterleben, erhöht sich ihr Risiko, als Erwachsene selbst Gewalt in der Partnerschaft zu erfahren oder anzuwenden.
(LAG Autonomer Frauenhäuser NRW, 2014)

Der Kreislauf der Gewalt folgt einem klaren Schema.



(Quelle: nach der US-amerikanischen Psychologin Walker, L.: The battered women syndrome, New York:1984)

Der Kreislauf der Gewalt schreitet immer weiter fort wird zunehmend gefährlicher: Die Frau befindet sich in einem Dauerzustand von Angst, Unsicherheit und großer Belastung.
Oft ist es ein schwerer Weg für Frauen, ihre gewalttätigen Männer zu verlassen.
Wir unterstützen Sie bei diesem Schritt.

Was hindert Frauen daran, ihren gewalttätigen Mann zu verlassen?

Es gibt viele Gründe, warum Frauen der häuslichen Gewalt nicht entfliehen. Die Aufgabe von Frauenhäusern besteht darin, diese Hürden zu minimieren und Frauen Unterstützung bei ihrem Weg aus der Gewalt anzubieten.
  • 1. Die Gefahrensituation
    Wenn eine Frau sich entscheidet, ihren gewalttätigen Partner zu verlassen, wird die häusliche Situation oftmals gefährlicher – die Schwere der Gewalteskalation nimmt zu.
  • 2. Der Wunsch, die Beziehung zu retten
    Viele Frauen versuchen auf verschiedenste Weise, die Beziehung zu retten. Sie hoffen, dass ihre Liebe die Gewalttätigkeit des Partners mindern könnte. Doch dies vermag die Liebe allein in der Regel nicht: Sie kann lediglich die Bereitschaft des Partners positiv beeinflussen, etwas an der Situation verändern zu wollen.
  • 3. Fehlende Unterstützung von außen
    Will eine Frau aus der Gewaltsituation ausbrechen, weiß sie oft nicht, wohin sie gehen kann. Auch, wie sie danach ihre Existenz und die ihrer Kinder sichern kann, ist fraglich. Freundinnen, Freunde und Verwandte bieten oft keine Hilfe. Zudem verhindern Scham, Schuldgefühle und Isolierung, dass sich eine betroffene Frau nach außen wendet, um sich Hilfe zu holen. Und möglicherweise erkennen Institutionen wie die Polizei oder das Gericht die Gewaltbeziehung nicht und sehen die Frau als mitverantwortlich an.
  • 4. Mangelnde Sprachkenntnisse
    Manchen Frauen mangelt es an sprachlichen Fähigkeiten, um ihre Probleme auszudrücken und Informationen verstehen zu können.
  • 5. Emotionale Abhängigkeit
    Je länger eine Frau mit einem gewalttätigen Mann zusammenlebt, umso stärker kann sich eine emotionale Abhängigkeit entwickeln: Die Frau erlebt sich als schwach, ohne Fähigkeit und Recht, für sich selbst zu entscheiden.
  • 6. Das Stockholm- Syndrom
    Wenn Opfer positive Emotionen zu ihren Tätern aufbauen – eine für Außenstehende unerklärliche Sympathie für sie empfinden oder mit ihnen kooperieren, wird vom Stockholm-Syndrom gesprochen. Dieser Begriff wurde rund um eine Geiselnahme geprägt, die sich 1973 in der schwedischen Hauptstadt Stockholm bei einem Banküberfall abspielte. Die Geiseln entwickelten, je länger sie in der Gewalt der Täter waren, offenbar mehr Angst vor der Polizei als vor den Geiselnehmern.